


Der FFF-Druck von thermoplastischen Elastomeren
Der 3D-Druck mit flexiblen Materialien erfreut sich zunehmender Beliebtheit, insbesondere im Bereich des Fused Filament Fabrication (FFF). Hierbei werden thermoplastische Filamente, die eine gewisse Elastizität aufweisen, durch eine beheizte Düse extrudiert und schichtweise aufgetragen. Materialien wie TPU (Thermoplastisches Polyurethan) oder generell TPE (Thermoplastisches Elastomer) bieten eine hohe Dehnbarkeit und Abriebfestigkeit, wodurch sie für Anwendungen wie Dichtungen, flexible Gehäuse oder Schuhsohlen prädestiniert sind.
Allerdings stellt der Druck flexibler Materialien eine besondere Herausforderung dar. Aufgrund der weichen und elastischen Struktur des Filaments kann es zu Problemen bei der Materialförderung kommen. Bowden-Extruder sind oft ungeeignet, da das Filament in der Führung nachgeben kann. Direkt-Extruder sind daher die bevorzugte Wahl, da sie eine bessere Kontrolle über die Materialzufuhr ermöglichen.
Der Hauptfeind guter Qualität: Feuchtigkeit
Ein entscheidender Faktor für den erfolgreichen Druck flexibler Materialien ist die richtige Lagerung des Filaments. Viele flexible Thermoplaste sind hygroskopisch, was bedeutet, dass sie Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen. Ist das Filament feucht, kann dies zu einer Reihe von Druckproblemen führen, darunter Blasenbildung, schlechte Schichthaftung und inkonsistente Extrusion.
Um dies zu vermeiden, sollte das Material in einer trockenen Umgebung gelagert werden. Spezielle Filament-Trockenboxen oder Silicagel in luftdichten Behältern helfen dabei, die Feuchtigkeitsaufnahme zu minimieren. Falls das Filament bereits Feuchtigkeit aufgenommen hat, kann es in einem Filament-Trockner wie dem
oder einem normalen Umluft-Backofen bei niedriger Temperatur (ca. 50°C für mehrere Stunden) getrocknet werden.

Vergleich der Druckqualität mittels eines 3DBenchy von getrocknetem TPU (links) und TPU, das Feuchtigkeit aufgenommen hat (rechts).
(Bildquelle: Reddit r/prusa3d; Autor Emilenio; Link)
Der optimale Drucker
Nicht jeder 3D-Drucker ist für den Druck flexibler Materialien geeignet. Neben einem Direct-Drive-Extruder (Feeder/Motor auf dem Druckkopf) sollte der Drucker über eine leistungsfähige Fördermechanik (Feeder) verfügen, um das Risiko von Filamentstaus zu minimieren. Ein enger Filamentpfad zwischen Vorschubmechanismus und Hotend verhindert, dass sich das flexible Filament verformt oder knickt.
Der Direktextruder hat den Vorteil, dass wegen der kurzen Distanz zwischen Feeder und Hotend, das weiche Filament nur unwesentlich in der Länge komprimiert wird. Das hat einerseits den Vorteil, dass die gleichzeitige Ausdehung in die Breite sehr minim ist, was das Risiko einer Blockade verringert und andererseits ein präzises Zurückziehen des Filaments (Rectract) erlaubt, so dass das Hotend z.B. bei Verfahr-Bewegungen nicht tropft. Mit dem Direkt-Extruder lassen sich TPE mit Härten bis hinunter auf 50-60 Shore A drucken. Für noch weichere Elastomere empfiehlt es sich, entweder ein Verfahren wie die Stereolithographie, oder aber einen speziellen Drucker für Zwei-Komponenten-Silikon zu verwenden.
Beim Bowden-Extruder verhält es sich umgekehrt: Ist das Filament weicher als ca. 85 Shore A, so kann es zu Verstopfungen im Bowden-Schlauch kommen. Beim Rückzug des Filaments geht ein grosser Teil nur in die Entspannung des Filaments im Bowden-Schlauch und führt daher zu einem ungenügenden Rückzug, womit dieses z.B. bei Verfahr-Bewegungen tropft und Effekte wie Strining (Fäden ziehen) und Bleeding (Klekse in anderen Modellteilen) verursacht.
Auch das Druckbett spielt eine wichtige Rolle. Flexible Materialien haften oft sehr gut an der Druckoberfläche, was das Entfernen des Objekts erschweren kann. Eine flexible Druckplatte oder eine beschichtete PEI-Oberfläche kann helfen, die Druckobjekte leichter zu lösen. Eine moderate Heizbetttemperatur (40–60°C) verbessert zusätzlich die Haftung ohne übermässige Verformung. In den meisten Fällen ist aber gerade beim Druck von TPU gar keine Heizung des Druckbetts nötig.


Vergleich eines Zwei-Material-Bauteils (weisses Tough PLA und Schwarzes TPU) aus zwei verschiedenen Druckern: Bowden-Extruder (links) und Direkt-Extruder (rechts). Gut sichtbar beim linken Beispiel ist das Bleeding des schwarzen TPU ins weisse Tough PLA.
Stützmaterial
Der Druck komplexer Geometrien erfordert häufig Stützmaterial. Beim Druck flexibler Filamente gestaltet sich dies jedoch schwierig, da Standard-Stützmaterialien wie PVA oder HIPS oft nicht kompatibel sind. Eine Lösung besteht darin, dasselbe flexible Material als Stützstruktur zu verwenden, wobei die Stützstrukturen so konstruiert sein sollten, dass sie sich leicht entfernen lassen.
Alternativ gibt es spezielle lösliche Stützmaterialien, die für flexible Materialien optimiert sind. Diese sind jedoch teurer und nicht immer einfach zu beschaffen. Sie liefern auch nicht alle ein gutes Ergebnis. Eine weitere Möglichkeit bzw. Vermeidungsstrategie besteht darin, die Druckparameter so anzupassen, dass Überhänge minimiert werden und so wenig Stützmaterial wie möglich erforderlich ist.
Sind keine hinterschnittige Stützstrukturen vorhanden, dann gibt es im Fall von TPU allerdings ein nahezu perfektes Stützmaterial, und zwar PLA. TPU und PLA haften einigermassen gut aufeinander, können aber trotzdem relativ leicht manuell voneinander getrennt werden. Noch etwas verbessern lässt sich die Haftung, indem die Kühlung für das PLA-Interface ausgeschaltet wird. In UltiMaker Cura gibt es dafür die Einstellung "Support -> Fan Speed Override" und die bei Aktivierung erscheinende Option "Supported Skin Fan Speed", welche auf Null zu setzen ist. So entsteht eine Haftung zwischen Stützstruktur und TPU, die stark genug ist, auch horizontale, nur einseitig gestützte Überhänge ohne Curling, d.h. Ablösen und Hochkringeln des TPU zu realisieren. Im Fall eines Bowden-Druckers kann es wie oben erwähnt, zu Verschleppungen der beiden Filamente kommen. Auf diesen Druckern ist es daher empfohlen, dass das PLA für die Stützstruktur die gleiche Farbe hat wie das TPU.




TPU-Bauteil mit gut haftender, aber einfach zu entfernender PLA- Stützstruktur (zur Veranschaulichung in einer anderen Farbe gedruckt)
Kombination mit anderen Materialien
Auf sogenannten Dual Extrusion 3D-Druckern, d.h. Druckern mit zwei Druckköpfen, oder in eingeschränktem Umfang auch auf Druckern mit AMS (automatische Materialzuführung), ist es möglich, ein aus zwei verschiedenen Materialien bestehendes Bauteil zu drucken. Dabei kann eines der beiden Materialien eben ein flexibles Material sein und das andere z.B. ein sehr steifes Material. Das entspricht dann Bauteilen, welche man im klassischen Kunststoffspritzguss als sogenannte 2K-, d.h. Zwei-Komponenten-Bauteile herstellt.
Genau wie beim Spritzguss ist es dazu wichtig, dass die beiden Materialien miteinander kompatibel sind, d.h. dass sie gut aufeinander haften. Das ist z.B. bei TPU zusammen mit ABS oder mit PA (Polyamid) der Fall. Beim Druck von Co-Polyester wie PET oder PETG bietet sich TPC als flexibler Materialpartner an. Wer beim Druck auf Nummer sicher gehen will, dass die beiden Materialien dauerhaft zusammenbleiben, benutzt eine physische Vernetzung der beiden Materialien wie es die "Interlocking"-Option in UltiMaker Cura ermöglicht. Die oben gezeigte Krokodil-Klemme wurde genau mit diesem Mechanismus gedruckt, um die (nicht ideale) Verbindung zwischen TPU und Tough PLA zu sichern.
Anwendungen für solche Materialkombinationen gibt es viele. Sie reichen von Elementen in Verpackungs- und Abfüllanlagen, wo der zuverlässige Griff des Produkts oder der Verpackung einThema ist bis hin zur Automobilindustrie, wo weiche Materialien dazu benutzt werden, bei gedruckten Schablonen das Verkratzen lackierter oder sonst empfindlicher Oberflächen zu verhindern.




Schablone mit Rückseite aus TPU zur Montage eines Schriftzugs auf einem Neuwagen (VW Autoeuropa).
Fazit
Das 3D-Drucken mit flexiblen Materialien ist eine anspruchsvolle, aber lohnende Technik, die neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnet. Mit dem richtigen Drucker, trockenen Materialien und optimierten Druckeinstellungen lassen sich hochwertige und funktionale flexible Bauteile herstellen. Auch die Kombination mit PLA als Stützmaterial und mit anderen Materialien in einem 2K-Bauteil ist möglich.